Neue Kirche von Hasborn aus dem Jahre 1968

Schon kurz nach dem 2. Weltkrieg wurden Überlegungen angestellt, die alte Kapelle zu erweitern oder eine neue zu erbauen.

Am 4. Februar 1962 beschloß dann der Kirchenvorstand den Bau einer neuen Kapelle. Nach einer größeren Versammlung mit 100 Teilnehmern im Jahre 1964 und der Erstellung dreier Bauplanentwürfe war mit dem Beschluß des Kirchenvorstandes vom 13. November 1966 endlich grünes Licht gegeben. Der Kostenvoranschlag sah Gesamtbaukosten in Höhe von 550000 DM vor.

Mit dem Bau der Kapelle wurde am 12. April 1967 begonnen, und die Einsegnung erfolgte dann am 18. August 1968 durch Pastor Ernst Kemp.

 

Überlegungen des Architekten Karl Peter Bohr

Suhr geehrter, lieber Herr Pastor,
wenn ich Ihrem Wunsche nachkomme und einige Gedanken darzulegen versuche, die mich bei der Planung und der Ausstattung der Kirche zu Hasborn bewegten, so erwarten Sie von mir ganz sicher keine „Baubeschreibung“, in der die gewählten Konstruktionen und Materialien aufgezählt werden. Das alles kann der Besucher der Kirche sehen und erleben. Sie und Ihre Gemeinde interessiert wohl vielmehr das, was an einem Bau nicht ohne weiteres ablesbar ist, sein „inneres Gesetz“ gewissermaßen, aus dem seine Existenz entstanden ist und das sein eigentliches Leben ausmacht.

Es ist für einen Architekten fast immer eine schwierige Aufgabe, in einem alten, durch Jahrhunderte gewachsenen Dorf eine Kirche zu bauen, die nicht nur den (wandelbaren) liturgischen Forderungen entspricht, sondern auch als Bauwerk von ihrer Entstehungszeit redlich Zeugnis ablegt.

Eine solche Aufgabe kann für den Planer Begrenzung und Befreiung zugleich sein: Begrenzung, weil Gestalt und Maßstab des Dorfes nicht alles zulassen, was der Architekt gerne möchte, denn das Dorf soll durch den neuen Kirchenbau nicht zerstört werden, sondern einen überzeugenden Höhepunkt erhalten; Befreiung, weil durch solche Begrenzung unser Denken und unsere Überlegungen von Vorstellungen befreit werden, die architektonisch vielleicht interessant sind, mit dem Wesen des Kirchenbaues aber oft nichts oder nur wenig zu tun haben. Auch bei der Planung der Kirche zu Hasborn mußten wir langsam unsere Grenzen erkennen lernen und uns von Vorstellungen befreien, die einer strengen Prüfung nicht standhielten; die beiden ersten Vorentwürfe zeugen von diesem Werdegang.

Der Grundriß der Kirche ist aus dem Achteck entwickelt und vollendet sich durch den angehängten Altarraum in einem Zehneck. Die behäbige Ruhe, welche der Baukörper ausstrahlt, ist nicht zuletzt in der abgerundeten Grundrißform begründet. Von jeher galten Achteck und Zehneck als Symbole der Vollkommenheit. Die frühe Kirche sah in der Acht den „ersten Wochentag“ nach den sieben, an dem Christus auferstanden ist. Groß ist das Mysterium des Achten Tages, der „doch nicht aufhört, der erste zu sein“ (Justin, Dial. m. Tryphon 41,4). Die Acht Seligpreisungen weisen hin auf die vollkommene Tugend des Gerechten. Viele alte Taufkirchen waren auf achteckigem Grundriß gebaut. Die Zehn spielt im alten Symboldenken ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Zehn Gebote fassen alle Gebote Gottes zusammen; ihre Befolgung bewirkt den Heiligen Menschen.

lm Gegensatz zu der Symmetrie des Grundrisses steht der Kubus der Kirche: die starke Horizontale des achteckigen Gemeinderaumes findet in der Vertikale des Chorturmes eine starke Gegenbewegung. Auch hierin mag man einen tieferen Sinn erblicken: wir werden inmitten dieser Welt hingewiesen auf jene andere Welt, die Ziel und Inhalt aller irdischen Pilgerschaft ist. Das tritt auch im Innern klar hervor: die steil ansteigende Decke erreicht über dem Altarraum ihren höchsten Punkt.

Unsere Altarräume sind seit der Liturgiereform vielpoliger geworden: Altar, Ambo, Priesterbank und Tabernakel bilden eine Einheit.

Wie seit fast zweitausend Jahren ist auch der Altar der Kirche in Hasborn als Heiliger Tisch über einer Grabkammer errichtet, in der Reliquien Heiliger Martyrer beigesetzt sind.

Gestaltung des Vorplatzes und Grundriß der Kirche

 

Der Priestersitz steht hinter dem Altar. Er ist erst seit der Liturgiereform wieder in unseren Kirchen als maßgeblicher Kultgegenstand zu finden. Welche Bedeutung früher dem Priestersitz beigemessen wurde, beweist die berühmte „Siegburger Madonna“, heute nur noch ein Torso im Schnütgen-Museum zu Köln. Als „Sedes sapientiae“, schmückte sie einst den romanischen Abtssitz der Abtei auf dem Michaelsberg bei Siegburg und betonte somit die Aufgabe des Abtes, seiner Mönchsfamilie das Wort der „Ewigen Weisheit“ zu verkündigen. Angeregt durch jenen wunderbar tiefen Gedanken haben wir ein Werk des Mataré-Schülers Arnold Morkramer zwar nicht an den Priestersitz sondern nahe dem Ambo aufgestellt, von dem aus der Priester seiner Gemeinde das Wort Gottes verkündet. Die Gestalt der Madonna tritt ganz hinter die des lehrenden Christus auf ihrem Schoße zurück, und Maria ist damit in die echteste Beziehung zu Christus und seiner Kirche gesetzt, befreit von aller verniedlichenden Sentimentalität, welche das Bild der Gottesmutter so oft verzerrt.

Der Ambo ist nicht nur Ort der Wortverkündigung, hier wird auch das Evangelienbuch aufbewahrt, für das ein eigenes Pult aus Bronze geschaffen wurde.

Dem Ambo gegenüber steht eine fünfeckige, aus astförmigen Rippen gebildete Säule, die vom Tabernakel wie von einer goldenen Frucht bekrönt wird. In ihr begegnet uns das stark abstrahierte Bild des „Lebensbaumes“, von dem in der Genesis und großartiger noch, in der Apokalypse die Rede ist: „… ein Baum des Lebens, der zwölf Früchte trägt, in jedem Monat gibt er seine Frucht, und des Baumes Blätter sind den Völkern zur Heilung“ (Apokal. 22,2). Die Väter sahen im Paradiesesbaum ein Vorbild der Eucharistie.

 

Blick in den Innenraum der Kirche

 

Über dieser vielpoligen Altaranlage schwebt ein Kreuz, dessen Kruziflxus der Kölner Bildhauer Toni Zenz vor über zwanzig Jahren schuf und der seine faszinierende Aussage bis heute bewahrt hat. In den Klageliedern des Jeremias finden wir ein Wort, das die Thematik dieses Bildes verständlich macht: „Hingegossen auf die Erde ist mein Innerstes“ (Klagel. 2,11). Der dargestellte Körper ist nur noch ein Zeichen, er ist zusammengeschrumpft, der HERR hat sich restlos entäußert, um uns zu erlösen und reinzuwaschen in Seinem Blute.

Dieses Christusbild hängt an einem T-förmigen Kreuz. Der hebräische Buchstabe Taw (T) war der letzte des hebräischen Alphabetes und deshalb, wie das griechische Omega, Sinnbild der Vollendung.

Die Kirchenväter deuten das Taw einstimmig als Typus des Erlösungszeichens. Bei Origines ist das T das Zeichen jener, die das Gesetz beobachten („Christus ist gehorsam gegenüber dem Willen Seines Vaters und stirbt für das Wohl der Menschheit“), und für Tertullian und Hieronimus ist das T das Zeichen, das alle vor dem Tode bewahrt, die es auf der Stirne tragen, das „Zeichen des Lebendigen GOTTES“ (Apokal. 7, 2-8).

In einer Zeit, die erfüllt ist von einer tiefen Skepsis den Dingen des Christlichen Glaubens gegenüber und die dem Symbol, dem heiligen Zeichen, verständnislos begegnet, mag das alles vielleicht überholt und nichtssagend klingen. Von dieser Skepsis und Verständnislosigkeit ist es nicht mehr weit zu der Frage, die auch mir hin und wieder gestellt wird und die man sich in Stunden innerer Auseinandersetzung oft selber stellt: „sollen wir heute überhaupt noch Kirchen bauen?“ Es gibt namhafte Theologen und Architekten, die statt nach Kirchen nach vielfältig nutzbaren Räumen verlangen, so wie es unlängst ein Österreicher Architekt formuliert hat: „Wir brauchen Kirchen, deren Bauherr nicht mehr die Liturgie ist, sondern das Leben der Gemeinde in seiner Vielfalt und in seiner Verzahnung mit der Öffentlichkeit“. Solche Forderungen entstehen zweifelsohne aus dem übertriebenen Selbstbewußtsein, wie es nach dem II. Vaticanum in vielen Bereichen des Glaubens erwacht ist, und das sich allzusehr von intellektuellen Überlegungen nährt — und zu wenig erkennt, was der Mensch, der nicht nur mit Verstand und Geist, sondern auch mit Herz und Gemüt begabt ist, in Wirklichkeit braucht.

Der Dichterin Gertrud von le Fort hat man unlängst auch die Frage nach dem Sinn der Kirche heute gestellt. Ihre Antwort läßt eine größere Weisheit als die lauten Forderungen der Avantgardisten erkennen: „Vor einiger Zeit wurde ich gefragt, ob es noch Sinn habe, heute eine Kirche zu bauen. Ich muß offen eingestehen, daß ich über diese Frage erschrocken bin, denn sie kommt ofhne Zweifel aus dem überbetonten Selbstbewußtsein unserer Zeit, die sich in keiner Weise darüber klar ist, welche minutenhafte Gültigkeit auch eine noch so anspruchslose Gegenwart besitzt. Ich verstehe, daß man beunruhigt ist über die heute weitgehende Abwendung oder Gleichgültigkeit dem Religiösen gegenüber. Allein, wer die Weltgeschichte kennt, so wie sie wirklich gewesen ist, der weiß auch um die außerordentlichen Gegensätze der Epochen, er weiß um ihre kurze Bedeutung selbst dort, wo eine Gegenwart bis zu einem gewissen Grade in die Zukunft wirkt. Ich glaube nicht, daß die Bedeutung der Kirche untergehen wird — kein Volk, soweit unsere Augen reichen, ist ohne Gott und Gotteshaus ausgekommen. Eine Kirche, selbst wenn sie von ihrer Gemeinde verlassen wäre, wird immer noch das Zeichen dessen bleiben, das nicht von dieser Welt ist. Solange auch nur ein einziger Mensch den Weg zur Kirche findet, solange ist es sinnvoll, Kirchen zu bauen“.

Wenn die Besucher der kleinen Kirche zu Hasborn in ihr ein Zeichen dessen erblicken, das nicht von dieser Welt ist, dann, lieber Herr Pastor, ist das der schönste Lohn für unser gemeinsames Mühen.

(Quelle: „Überlegungen des Architekten“  von Karl Peter Bohr; Artikel aus der Festschrift zum Neubau der Hasborner Kirche aus dem Jahre 1968)

 

Von unseren Glocken

Dechant Dr. Berg, Gillenfeld, weiht die dritte neue Glocke

 

Wir haben 3 Glocken, die alle von der Eifeler Bronze-GlockengießereiJohannes Mark, Brockscheid, gegossen wurden.

Die 2 älteren, die bis zum 13. August 1968 in der alten Hasborner Kirche hingen, haben als Inschrift: „Umgegossen 1948 ORA PRO NOBIS DEI GENETRIX“ (= bitte für uns, Gottesgebärierin), das Gewicht ist 170 kg, der Durchmesser 0,63 m und der Ton „dis“; und „Gegossen 1953 Heiliger Rochus und heiliger Wendelinus BFU (= bittet für uns), das Gewicht ist 120 kg, der Durchmesser 0,57 m und der Ton f“ (es“).

 

„Das Zweite Vatikanische Konzil hat den Boden aufbereitet. Wo die Pflugschar des Konzils durchzog, wartet die umgeworfene Erde stumm und sehnlich auf den auszustreuenden Samen“.
Henri Fesquet

„Immer bleibt der Kirche die Einheit von Wahrheit und Liebe, von Gebet und Verkündigung, von Theologie und Seelsorge aufgetragen, damit sie das Werkzeug des Reiches Gottes in dieser Welt sei“.
Otto Karrer

Unsere dritte neue Glocke wurde am Bettag der Pfarrfamilie, 18. Juni 1968, gegossen im Beisein des Stifters, Jakob Zirbes I und des Vorsitzenden des Kirchbauvereins Hasborn, Jakob Zirbes II.

Eingetragen auf der Glocke sind: der Patron, der Völkerapostel Paulus, der Spruch „GIB FRIEDEN, HERR!“, die Herstellerfirma und das Jahr, dazu der Name des Stifters und Paten: Jakob Zirbes I.
Das Gewicht der neuen Glocke ist 320 kg, der Durchmesser 0,78 m und der Ton c“ + 8.

Geweiht wurde die Glocke am 4. August 1968 in der neuen Kirche in Hasborn, die zu diesem Zeitpunkt noch Baustelle war, von Dechant Dr. Wilhelm Berg, Gillenfeld.

Auch an dieser Stelle dankt der Kirchbauverein, besonders der Pastor, dem edlen Spender, Jakob Zirbcs I für dieses hochherzige Geschenk, das 5000,- DM gekostet hat. Diese Glocke wird nach dem schriftlichen Willen des Stifters an seinem Sterbe- und Beerdigungstag eine halbe Stunde läuten. In den Pfarrakten ist das schriftliche Testament, das der Stifter anläßlich der Feier der Glockenweihe mit dichterischen Worten vorgetragen hatte, niedergelegt.

(Quelle: „Von unseren Glocken“ ; Artikel aus der Festschrift zum Neubau der Hasborner Kirche aus dem Jahre 1968)